Neue Chorgemeinschaft feiert Johann Michael Haydn
Es ist wirklich erstaunlich, welche Renaissance die Musik Johann Michael Haydns zur Zeit erlebt. Jahrzehntelang als Produzent kirchlicher Gebrauchsmusik abgetan, gilt das riesige Werk des jüngeren Bruders von Joseph Haydn inzwischen als Fundgrube für großartige geistliche Musik. Auch die Neue Chorgemeinschaft Vaterstetten widmete sich mit großem Engagement in ihrem Jahreskonzert in der Pfarrkirche Maria Königin dem Werk des Komponisten. Der 1996 gegründete Chor mit etwa 65 Sängern wurde dabei auf historischen Instrumenten unterstützt vom Barockensemble „Sans-Souci“, dass im Allegro der mozartschen Kirchensonate in C-Dur sein Können zeigte.
Es war eine Freude, dieses Orchester im Zusammenspiel mit dem sehr flexiblen Chor zu hören. Unter der präzisen Führung des musikalischen Leiters Konstantin Köppelmann gelang es, die komplexen Strukturen in der berühmten Chiemsee-Messe klar herauszuarbeiten. Große Ansprüche stellt Haydn an die Dynamik, verlangt ein mächtiges Fortissimo ebenso wie ein zartes Piano. Das schaffte der Chor besonders eindrucksvoll im Credo. Als Solisten überzeugten die Sopranistin Alice Oskera-Burghardt, Florian Mayr in der Alt-Partie, der Tenor Markus Roberts und der Bariton Christian Schmid.
Der Höhepunkt des Konzerts aber war überraschenderweise ein kleines, eher unbekanntes Werk Haydns: das 1802 entstandene „Completorium in C-Dur“ ist eine wunderschöne Vertonung mehrerer Psalmen. Vom Orchester angetrieben, durch einen ständig pulsierenden Rhythmus, der bis zum Schluss durchgehalten wird, erheben sich darüber leicht und locker die Singstimmen in großen und weitgespannten Bögen, oft in Terzen, fein umspielt von den Geigen. Und wenn dann die Bläser und der Chor in aufsteigenden Tonleitern die Allmacht Gottes preisen, dann erkennt man die Größe des bescheidenen Kirchenmusikers Johann Michael Haydn.
(Edith Reim)